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Die Initiative Cottbus ‘92 hat es sich zur Aufgabe gemacht, die gesellschaftlichen Verhältnisse der 1990er Jahre in Cottbus und Umgebung sichtbar zu machen. Anlässlich des 30. Jahrestag rassistischer Angriffe gegen eine Geflüchtetenunterkunft in Cottbus-Sachsendorf im August 1992 lädt die Initiative zu einer Veranstaltungsreihe, die in Kooperation mit der Opferperspektive – Solidarisch gegen Rassismus, Diskriminierung und rechte Gewalt e.V. stattfindet.

Im Rahmen der Initivative veröffentlichte der ehemalige Hoyerswerdaer Vertragsarbeiter David Macou (Mosambik) ein Statement:

Sehr geehrte Damen und Herren, Mitglieder zivilgesellschaftlicher Organisationen, politischer Parteien, Journalist*innen und aller Menschen: Herzliche Grüße im Namen der Vertragsarbeiter*innen und Arbeiter*innen aus Mosambik, die über ein Jahrzehnt in Deutschland in mehreren Unternehmen gelebt, studiert und gearbeitet haben. Uns ist es verboten, die Vergangenheit zu vergessen, unsere Geschichte. Wir hatten eine Mission zu erfüllen: Studieren.

Heute wie nie zuvor stellen wir fest, dass uns die beiden Regierungen betrogen haben: Sie haben uns als billige Arbeitskräfte benutzt, um die Schulden des mosambikanischen Staates zu bezahlen. Meine Damen und Herren, Erinnern lebt: Wir als Ausländer fühlten Rassismus, eine heftige Welle von Neonazi-Angriffen im wiedervereinten Deutschland nach dem Fall der Berliner Mauer. Dieser Rassenhass hat seit den 1980er Jahren stillschweigend seine negativen Auswirkungen gezeigt. Und die damalige Politik hat die Existenz dieses tödlichen Hasses, der seitdem mehr als 200 Menschen das Leben gekostet hat, akzeptiert. Unter ihnen Mosambikaner, die ihr Leben verloren haben, nur weil sie Ausländer sind. Die Justiz hat bei der Verfolgung von Verbrechen rassistischer Handlungen immer versagt. Die Hautfarbe darf nicht das Todesurteil sein. Ich persönlich weiß nicht, ob die Gewaltausbrüche entschuldigt werden können.

Sie haben sich gegen Menschen gerichtet, die als Sündenbock präsentiert wurden. Die schrecklichen Taten in Deutschland gegen die Ausländer, jedes Opfer ist eins zuviel. Ich bin ein Mensch. Gegen Hetze und Rassismus sollte tatsächlich jeden Tag gekämpft werden. Ich gedenke den Opfern, den heimischen Opfern, die zu oft vergessen werden. Ich frage mich: Was ist eigentlich mit den schrecklichen Taten seit 1990? Was ist aus den Tätern geworden? Ich bin immer noch zutiefst entsetzt, wenn ich darüber nachdenke. Damals und heute. Wir müssen aus der Vergangenheit viel lernen: Dass es in Zukunft mit Sicherheit anders laufen kann. Bis heute bin ich entsetzt darüber, was uns in Hoyerswerda am 1.Mai 1990 und 17.September 1991 passiert ist. Wie schlimm es war. Uns Betroffenen bleiben die Erinnerungen. Wir können die furchtbaren Taten niemals vergessen!

An Uns Alle: Es muss ganz offensiv Haltung gegen Rassismus und Ausländerhass gezeigt werden. Hass und Hetze sind keine Meinung. Es gibt keine Rechtfertigung für Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Jeder Mensch ist unabhängig von seiner Herkunft gleichwertig. Und niemand ist über andere Menschen erhaben, nur weil er in Deutschland ist. Die Taten von damals, begangen durch Rechtsextremisten in Hoyerswerda, Cottbus, Rostock-Lichtenhagen usw. sind schrecklich und durch nichts zu rechtfertigen. Ich gehörte damals zu den Opfern. Die Täter waren damals nicht nur Neonazis. Ich finde gut, dass viele zivilgesellschaftliche Organisationen, Journalist*innen, Schriftsteller*innen , Parteien usw. sehr aktiv im Kampf gegen Rassismus, Rechtsextremismus, Ausländerhass engagiert sind.

Ich bin im Zeitraum zwischen 1979 und 1991 in der DDR gewesen und habe eine Ausbildung absolviert. Leider hatte das von uns erworbene Wissen auf dem mosambikanischen Arbeitsmarkt keinen Stellenwert. Unsere Ausbildungen werden nicht anerkannt, wie traurig! Es hat sich herausgestellt: Wir mosambikanischen Vertragsarbeiter*innen wurden in der ehemaligen DDR zum Teil als „Zahlungsmittel“ benutzt. Deswegen sind unsere Leistungen bis heute noch in Deutschland gesperrt: Sozialversicherung, Rentenversicherung, Lohntransfers von 60% usw.

Gegen das Vergessen „Initiative Cottbus 92“. Vielen Dank! Zivilcourage Hoyerswerda! Vielen Dank! Rassismus geht uns Alle an! „Man darf nie aufhören, sich die Welt vorzustellen, wie Sie am Vernünftigsten wäre.“ Obwohl es nicht einfach ist: Geht nicht, gibt es nicht!

Die „Initiative Cottbus 92“ ist ein Projekt der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg

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